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Lesedauer 5 Minuten

Dr. Kai Behncke schrieb mich vor einiger Zeit mit der Bitte an, meine Leser hier im Blog dem Thema „Wurmkompost“ näher zu bringen und seine Idee einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Das mache ich natürlich sehr gerne, denn das Thema interessiert mich auch persönlich sehr. Sein Projekt ist nichtkommerziell und ehrenamtlich.

Wurmkompost in Hand
Wurmkompost Foto: Kai Behncke

[quote]Herr Behncke, wie kam es zum Ihrem Projekt „kommunale Wurmkompostierung“? Was war der ausschlaggebende Punkt für Ihre Idee?[/quote]

Ich habe mir einfach gedacht, dass es doch möglich sein muss, wertvollen Dünger ohne Chemie und ohne Torferden herstellen zu können. Und dann habe ich mich gefragt, ob das nicht jedeR BürgerIn „auf eigene Faust“ machen könnte, mit wenig finanziellem Einsatz und noch dazu unter Verwendung des eigenen Biomülls. So bin ich auf „Wurmkompostierung“ gekommen. Ich habe dann etliches darüber gelesen und war sofort fasziniert. „Das musst Du verbreiten!“, habe ich mir gedacht.

[quote]Welche Probleme haben unsere Acker- und Gartenböden?[/quote]

Ackerböden sind oftmals durch schwere Maschinen stark verdichtet. Dadurch kann es zu einem Absterben von Bodenlebewesen kommen. Wenn dann noch zu viele Nitrate dazu kommen, dann kann es schnell dazu führen, dass Nährstoffe ausgewaschen werden. Auch kann ein einziger Starkregen bei einer ungünstigen Bodenstruktur schnell eine massive Bodenerosion verursachen, der Boden wird dann einfach weggeschwemmt und das wars.

„Bodendegradation“ ist das Stichwort. Ein massives globales Problem, auch in Deutschland.

Ackerböden erhalten viel zu oft viel zu wenig organisches Material, eine natürliche Nährstoffanreicherung wird dadurch kaum möglich.
In Gärten können ähnliche Probleme auftreten, insbesondere dann, wenn z.B. zu viel chemisches Düngemittel eingesetzt wird. Die Bodenstruktur leider darunter enorm und man erreicht mittelfristig eher eine Verarmung des eigenen Bodens.

[quote]Wie kann gerade der Wurmkompost unseren Böden helfen?[/quote]

Wurmhumus enthält in der Regel eine Vielzahl von Kleinstlebewesen und auch Wurmkokons. Die Kombination führt dazu, dass organische Stoffe in der näheren Umgebung hervorragend abgebaut werden und dann den Pflanzen zur Verfügung stehen. Ganz besonders wichtig sind die sog. Ton-Humus-Komplexe im Boden. Diese sorgen dafür, dass Nährstoffe auch bei starken Regenfällen im Boden „gehalten“ und nicht ins Grundwasser ausgeschwemmt werden. Die Nährstoffe werden dann zu gegebener Zeit von den Pflanzen absorbiert. In Studien konnte bewiesen werden, dass Wurmhumus (je nach Ausgangssubstrat) deutlich reicher an Nähr- und auch verschiedenen Mineralstoffen sein kann, als klassischer Gartenkompost. Nachgewiesen ist auch, dass Wurmhumus Pilze und Bakterien enthält, welche Abwehrkräfte der Pflanzen stärken und z.B. sogar eine Heilung der Braunfäule bei Tomaten mit sich bringen können.

Kressetest mit Wurmkompost
Kressetest mit Wurmkompost. Links: normaler Kompost, rechts Wurmkompost. Foto: Kai Behncke

[quote]Was passiert momentan mit kompostierbaren Bioabfällen, die besonders im kommunalen Umfeld in großer Menge anfallen (z.B. Biotonne, Rasenschnitt etc.), besonders in den großen Städten?[/quote]

Nun, in der Regel werden diese auch kompostiert oder landen in Biogasanlagen. Da ist prinzipiell meiner Meinung nach nichts gegen zu sagen, aber wäre es nicht toll, wenn man durch eine kleine Wurmzucht die Nährstoffe aus dem Biomüll „rausziehen“ könnte und dem eigenen Garten dann zur Verfügung stellt? Das geht, ohne weiteres…..

[quote]Gibt es schon Pilotprojekte für die Wurmkompostierung in großer Menge oder funktionierende Wurmkompost-Anlagen? [/quote]

Ja, in der Gemeinde “Tambach-Dietharz“ wird das seit Jahren praktiziert (siehe auch: http://wurmpalast.de/der-verein-zur-foerderung-vermitativer-abfallverwertung-und-humusproduktion-e-v-und-seine-beitraege-zur-bodenverbesserung/). Auch Wurmkompost-Anlagen gibt es in etwa im geringen dreistelligen Bereich in Deutschland, in der Regel angelegt durch Privatpersonen oder einige wenige Firmen.

[quote]Gibt es einen Unterschied zwischen der normalen Kompostierung und speziellem Wurkompost? Sind nicht an jedem Kompostierungsvorgang Regenwürmer beteiligt?[/quote]

Bei der normalen Kompostierung ist der Kompost in der Regel nicht gegen Wühlmäuse und Maulwürfe abgesichert. Diese dezimieren den Wurmbestand teilweise beträchtlich. Auch „arbeitet“ ein „normaler Kompost“ zumeist nicht im Winter (aufgrund der Kälte); vielfach sterben Würmer dann sogar ab. Zudem ist die Futterzufuhr nicht immer optimal auf Würmer abgestimmt (z.B. wenn Zitrusfrüchte im Kompost landen). Ein Wurmkompost bzw. eine Wurmkompostanlage wird in der Regel gegen Fressfeinde abgesichert. Es wird darauf geachtet, dass Feuchtigkeit, Temperatur und pH-Wert für die Würmer günstig sind. Über speziell aufgeschichtete Kuh- oder Pferdemist-Mieten z.B. kann man auch im Winter passable Temperaturen erreichen (man muss dabei sehr aufpassen, wenn es schlecht läuft, sind Rotte-Temperaturen bis zu 70 Grad möglich, da würden die Würmer natürlich sterben). Auch kann z.B. mit verschiedenen Extrakten die „Wurmarbeit“ gefördert werden (z.B. Baldrian). Der Wurmbesatz kann in einem Wurmkompost schon mal mehrere Tausend Würmer/m² betragen, deutlich mehr als in einem „normalen“ Kompost. Das Resultat lässt sich sehen. Ich habe kürzlich in einem Buch („Biodünger selber machen*“ von Andrea Heistinger und Alfred Grant) gelesen, dass Wurmhumus bis zu:

  • 6 mal reicher an Stickstoff
  • 8 mal reicher an Phosphor
  • 5 mal reicher an Kalium
  • 30 mal reicher an Magnesium

… als klassischer Kompost sein kann.

[quote]Was machen die Regenwürmer mit den Bioabfällen?[/quote]

Nun, wenn die Bioabfälle langsam verrotten und von verschiedenen Kleinstlebewesen (Asseln, Bakterien, Pilze etc.) zersetzt werden, dann kommen die Würmer ins Spiel. Besonders hungrig sind und züchtbar sind die Sorten „Dendrobena Veneta“, „Eisenia foetida“ und „Eisenia Andrei“. Diese vertilgen teilweise so viel Bionahrung am Tag, wie sie selbst wiegen. Das Endprodukt ist dann unglaublich nährstoffreicher Wurmkot.

[quote]Wie problematisch sind zusatzstoffhaltige Lebensmittel (die ja auch in der Biotonne landen) für die Kompostierung und für die spätere Kompostqualität?[/quote]

Da kann ich leider nicht viel zu sagen; da bin ich schlichtweg überfragt.

[quote]Was passiert mit dem gewonnenen kommunalen Wurmkompost? Wird dieser Kompost verkauft oder kostenlos abgegeben? Ist eine Kooperation z.B. mit Landwirten
geplant?[/quote]

Mit einem Landwirt habe ich gerade vor zwei Wochen eine Kooperation begonnen. Er hat mir gerade etwa 1 Tonne Kuhmist angeliefert, die wird im Winter für die richtige Temperatur sorgen und bis zum April in Wurmhumus umgewandelt, etwa 150 Kilo werden dadurch entstehen. Diese Saison habe ich Wurmkompost verkauft, verschenkt aber insbesondere auch im eigenen Garten bzw. im Haus in Pflanztöpfen untergebracht. Ich freue mich jetzt schon auf die Ernte im nächsten Jahr.

Wurmhumus
Wurmhumus
Foto: Kai Behncke

[quote]Eine Kompostierung in großem Maßstab kostet sicherlich auch Geld. Gibt es dahingehend schon Überlegungen, wie diese neue Art der Kompostierung in das bestehende Entsorgungssystem eingebunden werden kann?[/quote]

Die wenigsten Kommunen weichen da leider von ihrer „altbewährten“ Linie ab. “Wurmkompostierung“ gilt vielerorts noch als Spinnerei, leider. Dabei bräuchte man garnicht so viel Platz, eine Freifläche von 100 m² könnte locker 5 Tonnen Wurmkompost im Jahr produzieren.

[quote]Kann das Wurmkompost-Prinzip auch für den Kleingarten angewendet werden und wenn ja, was braucht man dafür? Lohnt sich das für Kleingärtner?[/quote]

Ja, definitiv. Man benötigt eine kleine Fläche, vielleicht 2-3 m², Draht gegen Maulwürfe und Wühlmäuse (von unten), eine Holzwand an den Seiten (30 cm hoch, 30 cm in den Boden eingegraben, also 60 cm an jeder Seite in die Höhe), jede Menge Bioabfall, Pferde- und Kuhmist und Draht gegen Vögel. Den Rest machen die Würmer. In der Regel muss man diese jedoch noch kaufen, entweder als Kokons oder aber als bereits geschlüpfte Würmer. Pro m² sind 1500 Würmer zu empfehlen. Viele Informationen finden sich dazu auch auf:
http://wurmpalast.de/produktion-von-wurmhumus/

Finanzieller und zeitlicher Aufwand sind gering und man erntet pro m² etwa 50 Kilo Wurmhumus.

[quote]Was empfehlen Sie dem Wurmkompost-Anfänger, der in haushaltsüblichen Mengen Biomüll zu Kompost umwandeln will. Benötigt man dafür einen Garten oder funktioniert das auch z.B. auf dem Balkon?[/quote]

Das geht auch in Wurmkisten auf dem Balkon, ohne Probleme. Hier gibt es z.B. ein Link dazu: http://wurmpalast.de/wurmkiste/
Deutlich mehr Spaß macht es natürlich im Garten, da hat man den direkten Bezug zum Boden und seinen Lebewesen.

[quote]“Normaler“ Kompost soll ja 2-3 Jahre ablagern, bevor man ihn auf dem Beet einsetzen kann. Grund dafür ist das Vorkommen von keimhemmenden Stoffen, die erst nach und nach abgebaut werden müssen. Ist das beim Wurmkompost ähnlich?[/quote]

Dort ist es eher umgekehrt. Man sollte ihn möglichst in den ersten 3 Monaten verbrauchen, weil dann in diesem noch viele Mikroorganismen leben. Man muss jedoch aufpassen, dass man nicht zu viel düngt, maximal 20% der Gesamtbodenmenge sollte aus Wurmhumus bestehen; ansonsten kann es zu einer wachstumshemmenden Überdüngung kommen.

[quote]Wohin kann ich mich wenden, wenn ich noch mehr zum Thema erfahren möchte?[/quote]

Z.B. die Seite http://wurmpalast.de besuchen, dort gibt es auch ein Forum für Fragen und Diskussionen.

[quote]Was ist das Ziel Ihrer Initiative? Wenn wir uns jetzt 10 Jahre in die Zukunft beamen könnten, welche Bedeutung hat dann der Wurmkompost für die Entsorgungsunternehmen und auch für den Kleingärtner?[/quote]

Das Ziel ist es sich wieder natürlichen Düngeverfahren zuzuwenden und nicht den Bezug zum eigenen Boden zu verlieren. Der Boden ist es, welcher CO2 speichert, uns ernährt und Überschwemmungen vermeidet. Ein Boden mit reichlich Wurmhumus z.B. wirkt wie ein Schwamm auf das Wasser. Ich glaube in 10 Jahren wird Wurmkompost für Entsorgungsunternehmen kaum eine Rolle spielen; ich denke bei den Kleingärtnern wird dieses ganz anders aussehen. Schwarzes, natürliches Gold im eigenen Garten produzieren, ich bin sicher, das wird verstärkt kommen.

Danke für das interessante Interview!

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Autor

Seit 2006 Kleingärtner mit Passion und Experimentierfreude. Seit 2011 Gartenblogger. Naturnah und erdverbunden. Gewinner des "Mein schöner Garten" Influencer Awards 2022 in der Kategorie "Insektenfreundliches Gärtnern" und seit 2023 Gartenfachberater. Besuche mich auf Instagram und Facebook! Mehr über mich

6 Kommentare

  1. den besten Wurmkomposter sah ich mal vor bestimmt 20 jahren bei einem Kleingärtner . Dieser war überdacht bei seinen Karnickelställen , vor Frost geschützt.
    Außen herum war aus Steinen gebaut, eine alte Miete im Stall ; nur innen hatte er in die Mitte einen Maschendraht zu Trennung.
    Und er sagte so nett, er füttert seine Würmer so wie seine anderen Tiere. Eben nur mit den welken Gartenpflanzen, Küchenabfällen und Karninchenmist. Sowie die eine Seite voll war, gab es sein Futter auf die andere Seite. Die Würmer wandern dann hinüber wenn sie alles auf der einen Seite verzehrt hätten!
    Und er schenkte mir eine Tüte Gärnters Gold pechschwarzer wunderbarer Wurmhumus.
    Grüße von Frauke

    • Stefan

      Toll! Ich will nächstes Jahr auch einen eigenen Wurmkompost versuchen.

  2. Ein interessanter Artikel. Dankeschön dafür! 2-3 freie Quadratmeter werde ich in unserem Garten sicherlich noch finden, aber ich suche noch immer den richtigen Einstieg ins „Wurmkomposting“. Wo gibt es denn ein passendes Starterpaket, sprich die erste handvoll Würmer oder Kokons? Die nächste Wurmfarm ist laut Karte eine ganze Ecke weg und hat keine Kontaktdaten. Würde das gern mal im kommenden Jahr ausprobieren. Ich sehe schon fast den Beitrag: „Die Wurmchallenge 2016!“

    • Stefan

      Hey Paul! Wurmchallenge ist cool! Durch Zufall habe ich erfahren, das direkt bei mir um die Ecke jemand ist, der KompostWürmer züchtet. Werde mit ihm demnächst Kontakt aufnehmen. Will das auch gerne mal probieren. Viele Grüße!

  3. Bis jetzt ist hier der Kompost in Südamerika noch ohne Würmer, müsste mir welche besorgen, dann sollten die auch überleben.Wenn der werdende Kompost zu feucht ist kippt er in eine wohl anaerobe Umwandlung um die auch anfängt nicht gut zu riechen. Keine Ahnung wie das den Würmern bekommen würde. Da der Kompost im Schatten ist braucht die Korrektur zur guten Umwandlung dann ein zwei Wochen. Aber der Artikel hört sich gut an.
    Gruesse aus Peru.

  4. Interessante Alternative mit den Würmchen :-)
    Meine Männe und ich haben uns letztes Jahr ein Häuschen mit Garten gegönnt und sehen die Gartenarbeit als zentralen Teil unserer „Entspannungsfreizeit“ nach dem öden Bürojob.
    Da wir in diesem jahr auch einen Teil zum Gemüsegarten umgestalten und dort möglichst ökologisch düngen wollen, kommt dieser Artikel mit dem Interview zum Wurmhumus wirklich wie gerufen. Dankeschön dafür!

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