Ja, was macht der Imker eigentlich die ganze Zeit? Honig schlecken, von seinen Bienen schwärmen und nebenbei die Welt retten… Hach, ja. [hier Geräusch einer Nadel, die unsanft über eine Schallplatte geschoben wird ins Gedächtnis rufen] Denkste. Das Imkerleben ist voller Abenteuer die mit den Bienen erlebt werden und Arbeiten, die das ganze Jahr über an den Bienen durchgeführt werden müssen. Aber als Nicht-Imker bekommt davon normalerweise nix mit. Deshalb will ich euch hier in loser Reihenfolge Geschichten aus dem Imkerleben erzählen und vielleicht bei dem einen oder anderen die Begeisterung und Verständnis (und ein klein bisschen Respekt) für das Imkern zu wecken. Heute möchte ich meine Bienen auf die Honigernte vorbereiten und eine Bienenflucht einsetzen.
Honigernte mit Bienenflucht und eine schnelle Durchsicht
Die erste Blütenwelle des Jahres ist vorüber – die Honigernte des Frühlingshonigs steht kurz bevor. Deshalb war ich heute an den Bienen, um die Vorbereitungen dafür zu treffen. Wenn man es nämlich clever anstellt, kann die Honigernte für die Bienen und auch für den Imker sehr entspannend ablaufen. Doch zuerst lege ich mir erstmal meine Werkzeuge zurecht und ziehe mir meinen Imkeranzug samt Imkerhut an. Sicher ist sicher :-)
Alles liegt griffbereit, damit man nachher nix suchen muss. Kurzer Check – ist alles da? Ich brauche Smoker (nur für die Völker, von denen KEIN Honig geerntet wird!), Stockmeißel, Besen, Feuerzeug, Pappe, Kleintierstreu, Refraktometer und Gute Laune. Man könnte fast meinen, die Olsenbande plant einen Coup ;-) Ok, alles vorhanden – los gehts! Ich mache die Durchsicht um die Mittagszeit – da sind viele Bienen draussen unterwegs, die mir sonst das Leben schwer machen könnten ;-)
Profitipp: Nelkenöl gegen Stiche in die Hand
Es gibt Imker, die imkern mit Handschuhen. Was für ein Graus für mich. Man hat mit Imker-Handschuhen absolut kein Gefühl mehr in den Händen und meuchelt hunderte Bienen beim Imkern, weil man sie aus Versehen einfach zerquetscht. Gefühl in den Händen ist jedoch absolut wichtig, man sollte sanft mit den Bienen umgehen. Ein tolles Mittel wie man trotzdem relativ stichfrei mit Bienen arbeiten kann ist Nelkenöl!
Man gibt einen Tropfen (oder noch weniger) auf die Fingerspitzen und reibt sie damit ein, danach verteilt man alles über die Hände (wirklich nur einen Tropfen, Bienen riechen kleinste Mengen!). So duftet die ganze Hand nach Nelken – das ist etwas, was die Bienen gar nicht mögen und reißaus nehmen. Hatte schon lange keinen Stich mehr in die Hand. Vielleicht liegts daran. Nelkenöl ist mein Geheimtipp für alle Imker!
1. Smoker anzünden
Bevor ich an den Bienen etwas mache wird der Smoker angezündet. Mit dem Smoker kann man biestige Bienen beruhigen. Brave Bienen bekommen durch den Rauch auch nochmal eine Extraportion Entspannung und nicht umsonst heisst Imker-Regel Nummer Eins: Nie ohne Rauch an die Bienen! Wie man den Smoker narrensicher zum Qualmen bringt, habe ich in einem Blogartikel mit einer Anleitung zum Smoker anzünden aufgeschrieben. Wenn alles schön qualmt geht es auch gleich weiter zu den Bienen.
ACHTUNG: Smoker nicht zur Honigernte
Die Völker, bei denen man Honig ernten möchte, sollten nicht mit Rauch behandelt werden. Der Honig nimmt leicht den Rauchgeschmack an und im Nu schmeckt der Honig wie geräuchert. Wollen wir nicht, deshalb kein Rauch in den Honigraum!
2. Bienen beobachten
Wir wollen ja heute die Bienen auf die Honigernte vorbereiten und gleichzeitig auch eine schnelle Durchsicht machen. Den ersten Check macht der Imker bereits ohne die Bienenvölker zu öffnen und ohne die Bienen zu stören – dafür braucht man nicht mal Schutzkleidung. Ich schaue mir die Fluglöcher an! Fliegen Bienen rein und raus? Haben sie Pollen dabei? Gibts Kämpfe? Tote Bienen vor dem Flugloch? Anhand dieser einfachen Beobachtungen kann man schnell feststellen, ob es den Bienen grundlegend gut geht oder ob etwas eigenartig ist.
Profiwissen: Wie ist eine Bienenbehausung aufgebaut
Auf dem Foto sieht man schön, wie die Behausung eines Bienenvolkes aufgebaut ist. Das Volk wohnt bei mir in einer „Beute“, auch „Magazin“ genannt. Das ist eine Art „Turm“, wie man ihn auf dem Foto sieht. Nehmen wir als Beispiel die Beute ganz links im Bild. Eine Beute besteht aus verschiedenen Bestandteilen. Ganz unten ist der Boden. Der hat vorne das Flugloch, ansonsten ist er rundherum bienendicht.
Die Bienen kommen nur vorne raus. Unten ist er als Gitter ausgeformt, da kann quasi immer Luft rein, Sommers wie Winters. Darüber befindet sich eine sogenannte „Zarge“. Das ist ein Kasten, in dem die Waben hängen. Die erste Zarge ist immer der Brutraum. Dazwischen ist ein Absperrgitter und darüber ist der Honigraum. Absperrgitter deshalb, damit die Königin nicht in den Honigraum gelangen kann. Wenn das passieren würde, dann müsste man beim Honig schleudern auch Bienenbrut mit ausschleudern und das wäre sehr unappetitlich.
Der Honigraum ist die zweite Zarge. Auf dem Honigraum liegt eine Kunststoff-Folie, darüber ein Innendeckel (gegen Kälte und Wärme) und darüber ein Stülpdeckel aus Holz. Als letztes schützt ein Edelstahldach das Ganze vor zu viel Regen und ganz oben drauf liegt ein Stein, damit der Wind nicht den Deckel weg bläst.
3. Bienenvölker öffnen
Jetzt wird es ernst :-) Das Bienenvolk wird geöffnet. Doch vorher muss sich der Imker im Klaren sein, was er von den Bienen wissen will. Sonst wird das Öffnen zum Stress für das ganze Volk – und das rächt sich am Imker. Entweder durch viele Stiche oder durch nachlassende Bienengesundheit bis hin zum Königinnenverlust. Also muss ich vorher nachdenken und danach erst das Volk öffnen.
Ich möchte heute wissen, ob die Bienen fleissig Brut aufziehen, ob die Königin da ist und ob reifer Honig vorhanden ist, den ich in ein paar Tagen ernten möchte.
Als erstes gebe ich etwas Rauch durch das Flugloch in das Bienenvolk. Das kündigt den Imker an. Nicht zuviel Rauch – sonst packen die Bienen die Koffer ;-) Danach entferne ich den Stülpdeckel von der Beute.
Danach trenne ich die Zargen voneinander. Die Bienen verkitten alles mit Propolis und so kleben die Zargen, das Absperrgitter und einfach alles im Bienenvolk aneinander. Bienen sind wahre Meisterkleber ;-) Alles wird verklebt. Kleinste Ritzen sogar werden zugepappt. Manchmal schön, manchmal nervig. Aber es hat alles seinen Sinn.
Mit dem Stockmeißel fährt man zwischen die Zargen und mit einem lauten „knaaack“ lösen sich die Bauteile voneinander. Nun hebe ich den schweren Honigraum vom Brutraum herunter. Schon das Gewicht lässt vermuten, das es eine schöne Honigernte geben wird! Der Innendeckel bleibt drauf, so bleibt es dunkel im Honigraum und die Bienen bekommen gar nicht mit, das ich gerade da bin.
Nun sieht man das Absperrgitter, durch das nur die Arbeiterbienen durchschlüpfen können. Ich gebe da hindurch noch etwas Rauch in das Volk, bevor ich es entferne. Jetzt kann ich die einzelnen Waben (Rähmchen) sehen. Durch das Rähmchensystem lässt sich alles einzeln entnehmen.
4. Schnelle Durchsicht
Mit dem Stockmeißel kann ich nun die erste (wirklich sehr verklebte) Wabe vorsichtig (!) heraushebeln. Ganz langsam, das möglichst nur wenige Bienen in Mitleidenschaft gezogen werden, ziehe ich sie heraus. Es ist eine Wabe aus der Mitte, weil in der Mitte des Bienenvolkes das Leben pulsiert. Am Rand ist eher weniger los, aber in der Mitte werden die neuen Bienen großgezogen und geboren und dort treibt sich auch die Queen Mom rum ;-) ! Und das ist genau das, was mich heute interessiert.
Wenn nämlich Eier in den Zellen liegen (in jeder Zelle nur eins) und unverdeckelte sowie verdeckelte Brut, dann kann ich sicher sein, daß eine gesunde Königin da ist – Durchsicht beendet! Weitere Waben zu ziehen stört die Bienen ungemein und killt hunderte Bienen, die dringend gebraucht werden. Also Neugier besiegen und Bienenvolk wieder verschließen – den Bienen geht es gut. Wenn keine frischen Eier zu sehen gewesen wären, dann würde ich mir Sorgen machen und ein weniger tiefer in die Imker-Trickkiste greifen – aber das war zum Glück nicht nötig.
5. Honigernte vorbereiten – Bienenflucht einbauen
Bienenflucht? Klingt gefährlich – ist es aber nicht. Eine Bienenflucht ermöglicht eine sehr schonende Honigernte für die Bienen – aber auch für den Imker. Doch fangen wir von vorne an. Wozu das Ganze? Stellen wir uns vor, ich gehe am Mittwoch zu den Bienen und nehme den Honigraum einfach so runter. Alles wäre voller Bienen, die sich um den Honig kümmern! Diese Waben mit all den Bienen dran kann ich unmöglich transportieren geschweige denn schleudern. Die Bienen müsste ich alle mit dem Besen abkehren. Viele würden es nicht überleben. Deshalb kommt eine Bienenflucht zum Einsatz. Sie wird zwischen Brutraum und Honigraum eingesetzt.
Imker-Nerd-Wissen – wie funktioniert eine Bienenflucht
Eine Bienenflucht ist nix anderes wie eine „Einbahnstraße“ für Bienen. Sie können nur in eine Richtung durchgehen – von oben nach unten. Sie finden jedoch den Weg in den Honigraum nicht mehr zurück. Wie auch – ist ja auch stockdunkel ;-) Der gewiefte Imker macht sich dabei zu Nutze, das jede Biene, die im Honigraum zu tun hat, irgendwann mal auf Klo muss oder die Königin besuchen will – und das geht nur, wenn sie runter in den Brutraum geht.
Das System funktioniert erstaunlich gut – aber bei mir nur mit diesen großen sternförmigen Bienenfluchten. Es gibt noch kleinere Systeme, aber meiner Meinung nach passen dort zu wenige Bienen durch. Diese Sterne sind ideal! Innerhalb max. 2 Tagen sind die Honigräume fast bienenfrei – nur paar Bummelliesen trödeln dann noch auf dem Honig herum ;-) Dann kann man den Honigraum stressfrei abnehmen.
6. Honig kontrollieren
Weiter gehts mit dem Honigraum- auch der will kontrolliert werden! Ich setze ihn erst mal auf die Bienenflucht drauf. Dann ziehe ich eine Randwabe heraus. Die Bienen kümmern sich immer erst um die Mitte der Waben, dann erst um die Randwaben. Das weiss natürlich der clevere Imker! Ich ziehe eine Honigwabe vom Rand raus und schaue sie mir an. Die eine Seite ist fast vollständig verdeckelt!
Die Bienen trocknen nämlich den Honig von selber. Das macht viel Arbeit! Wenn die Bienen dann entscheidet, das der Honig trocken genug ist, macht sie einen Deckel über die Honigzelle. Fertig! Wenn die Randwaben verdeckelt sind, dann sind die Waben in der Mitte erst recht reif – sind ja zuerst bearbeitet worden. Ist der Honig zu naß, kann es passieren, das er beginnt zu gären. Das passiert dann im Honigglas und ist sehr unappetitlich! Deshalb schaue ich mir zur Sicherheit nochmal die andere Seite der Wabe an. Dort ist noch nicht so viel vom Honig verdeckelt – perfekte Gelegenheit, um die Honigfeuchtigkeit zu messen!
7. Honigfeuchte messen mit dem Refraktometer
Um wirlich sicher zu gehen und um den Wassergehalt des Honigs zu ermitteln, benutze ich ein Refraktometer*. Das ist ein optisches Gerät (ohne Batterien!), mit dem man das problemlos durchführen kann. Das Refraktometer bestimmt mit Hilfe der Lichtbrechung den Wassergehalt von Flüssigkeiten – also auch von Honig. Wie das genau funktioniert weiss ich leider nicht, aber ein schlauer Mensch hat dieses Gerät in allen Details erdacht und voila – es funktioniert! ;)
Ich hole völlig unkompliziert mit dem Finger ein wenig Honig aus der unverdeckelten Wabe und schmiere es auf den Messbereich (das kleine blaue Fenster). Dann klappe ich den Deckel runter, presse alles fest und schaue durch das Refraktometer* ins Licht. Die Linie zwischen hellblau und blau zeigt mir den Wassergehalt an, den ich an der Skala ablese. Eeeeeeasy! Der Honig hat ca. 15,5% Wasser – schon ganz schön trocken. Bis 18% wäre ok.
Fertig!
Die Bienenvölker sind nun alle kontrolliert und fertig vorbereitet für die Honigernte! War doch ein ganzes Stück Arbeit, oder? In ein paar Tagen wird der Honig dann geerntet und geschleudert – darüber werde ich im nächsten Teil von „Was macht der Imker heute?“ berichten. Fragen? Beantworte ich Dir in den Kommentaren gerne!
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3 Kommentare
Vielen Dank für die ausführlichen Anleitungen und die tollen Bilder!
Hier sieht man einen Imker,der Respekt vor der Natur hat und im Sinne des Tierwohls verantwortungsbewusst agiert-weiter so!
Deine Beschreibungen sind aufschlussreich und wertvoll für jeden Neuling! Die Bilder klug angeordnet.
Danke, super gemacht!
Frage: Haben die Bienen alle Platz, wenn sie über die Bienenflucht vom Honigraum in den Brutraum wandern?
Im Brutraum schlüpfen doch ständig viele Bienen. Wie merke ich, wenn es im Brutraum zu eng wird, schwärmen sie dann?
Bitte um Antwort!
Mit besten Grüßen und viel Freude beim Imkern – HP
Hi HP,
Danke für das Lob :) Die Bienen haben Platz, aber nicht für lange. Ich stelle daher sofort nach der Honigernte die ausgeschleuderten Waben samt Zarge wieder drauf, damit die Bienen nicht zu eng sitzen. Das kann in der Tat Schwarmstimmung auslösen, das geht aber nicht sooo schnell.
Viele Grüße!